
Dortmund. – Wer dieser Tage durch Dortmund fährt, dem liefern sich absurde Szenarien, wohin er auch schaut: Auf Bürgersteigen, in Parks, in Supermärkten, überall stehen Menschen einfach nur so rum. Die größten Arbeitgeber der Region vermelden, dass am Montag nur knapp 40 Prozent der Belegschaft zur Arbeit erschienen sind, am Dienstag waren es nur noch 15 Prozent.
“Ab morgen geh ich auch nicht mehr”, erklärte Gerhard L., der am Abend am Borsigplatz rumstand. Gerhard L. ist Beamter im Finanzamt Mitte. “War”, korrigierte der 61jährige. “Ich habe meinen Schreibtisch heute geräumt.”
Auf die Frage, ob er keine Angst vor der Zukunft habe, lachte der Beamte nur: “Der Trick funktioniert nicht mehr. Was brauch ich denn zum Leben? Diesen Anzug etwa? Mein Auto? Mein Haus? Bestimmt nicht. Ich brauch auch keinen Urlaub am Mittelmeer. Ich brauch bloß Blumen. Und Lebenszeit.
Meine Lebenszeit brauch ich. Leben ist ein Fluss, verstehen sie? Es will fließen. Neue Räume öffnen. Die ich dann erschließe, indem ich sie mit Zeit fülle. Das ist alles. Angst ist da so wenig im Spiel wie Hoffnung. Denn was auch immer ist und wird, es ist nie DAS. Kann es nicht sein. Was auch immer ist, ist DAS nur als das, was es nicht ist. Derweil geht einfach immer weiter. Der Fluss ist endlos. Die Welt ist ein endloses Blumenmeer. Und ich bin der ewige Gärtner.”