Tanz ins Nichts

Version 1: Ausgewählte Gedichte, 90 Seiten

Version 2: 220 Seiten

aus dem verborgenen

die reinigung der seele

kannst nur du vollbringen

deine einzigartige wahrheit

du allein besingen

deine tiefsten wunden

sind deinem eigenen herzen anvertraut

deine schwersten stunden

sind in den bauplan deiner schöpfung eingebaut

deine dunkelheit, dein schatten

ist die kraft im zentrum deines wesens

deinen dunklen kern zu offenbaren

ist der liebesakt, der räume schafft

für ein neues leben


mut und gnade

wenn zwei wesen alles zu teilen wagen

selbst die schatten

die ewig verborgen lagen

selbst die kluften

die sie nie überwunden

selbst die ketten

die sie gemeinsam ans gestern gebunden

selbst die stunden der schwäche

die sie sonst niemals teilten

selbst die möglichen wunden des morgen

die in den kluften des gestern weilten

selbst das geheimnis der seele

das sie so lange bewahrt

so tief im inneren verborgen

wenn zwei wesen all dies zu teilen wagen

dann werden sie flüsse

die das geheimnis ins ewige tragen

dann werden sie selber das leben

das sie all die leben lang gesucht:

dann wird das auge sich selber erkennen

dann wird die liebe

die grenzen verbrennen


der freudige ruf

ach, kaum sind die fische verschwunden

geh ich mir selber ins netz

von mir selber werd ich

kaum hab ich frieden gefunden

zurück in die welt meines irrsinns gehetzt

in die welt meines wahns

dass etwas fehle

ich nicht genüge

so wie ich bin

bis ich ihn hör

den ruf meiner seele

den freudigen ruf

dass ich immer gewinn

selbst dort

wo ich zu verlieren meine

selbst dort

wo ich zu frieren scheine

selbst dort

wachs ich zur freiheit hin


sein

was jetzt noch hält

das fällt sehr bald

was jetzt noch steht verweht

weil jede form vergeht

und alles sein ein werden ist

das sich in gegenwart ergießt

und weiterfließt

du weißt, wie es ist

wenn ein traum

eine innere stimme dich mahnt

dass sich wandel anbahnt

kannst du dann sehn

welche form nun vergeht

damit neues entsteht

kannst du verstehn und dich fügen

oder suchst du zu handeln

ohne zu sterben zu werden

die stimme zu trügen

das ahnen zu tarnen

aus angst, dich zu wandeln?


weiser rat

halt still, mein freund, und verweile

nur die dämonen mahnen zur eile

sie sind der wind

der die fahnen der zeit

in die ewigkeit weht

sie sind das kind

mit der zitternden hand

aus angst vor der reise

sie sind die witternde weise

die schützende wand zu errichten

und heimlich und leise

das band zu vernichten

das deine seele berührt

das dich nach hause führt


in den nächten

in den nächten

musst du den dämonen von der liebe singen

den dürstenden musst du das klare wasser bringen

in deiner mitte bleiben musst du

wenn die unerfüllten an dir reißen

tief und tiefer um die tiefe musst du kreisen

willst du nicht zur marionette ihrer kräfte werden

der erfüllung musst du sterben

mit der sehnsucht dich verbinden

in der sehnsucht deine tiefe finden

in den nächten, da es kalt und dunkel wird:

auf dass die tiefe dich als neuen tag gebiert


transformatio

jahr um jahr wunden verlogen

zu lügen verwoben

und stolz genannt

und demut verbrannt

schwarze sonne, nabel der welt

der welt ohne wonne

stunden im dunkeln

entfremdet, geblendet

stachel der schande

wucht der sehnsucht nach ewiger bande

die stimme des herzens erhört

den schmerz der wahrheit gewählt

die schatten erhellt

die teufel betört

in scham geschwommen

den stolz verschenkt

die schande ins herz genommen

in luzifers licht getränkt

den stacheln gedankt

sie knospen  genannt

die schulden gezahlt

und blumen aus blut gemalt

ins feuer gewankt

in liebe entbrannt

am ende der worte

ich bin nicht sicher

was eigentlich geschieht

bin nicht sicher

ob sich leben vollzieht

ich weiß nicht

wer, wie, was, warum, ja ob ich bin

weiß nichts von zwecken, gründen, irgendeinem sinn

finde keine spur von einem gestern, einem morgen

keine spur von furcht, von zuversicht, von hoffnung oder sorgen

keine fragen, keine antwort, keine wege und kein ziel

gefahr nicht und nicht sicherheit, kein zuwenig, kein zuviel

ich finde gar nichts mehr

nicht einmal dunkelheit 

geschweige denn sterben, den tod, eine vergänglichkeit

auch keine geburt

kein werden, kein licht

ich finde nicht einmal

diesen augenblick

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